Update am 01.12.2009:
Beispielbilder für Gegenlichtsituationen hinzugefügt
Update am 01.12.2009:
Ein weiteres Beispielbild hinzugefügt
Hinweis: alle Bemerkungen in diesem Blog-Eintrag beziehen sich auf Kameras mit Sensor im Kleinbildformat. An DX-Kameras ist das alte Nikkor AF-S 70-200 mm sicherlich ohne Fehl und Tadel.
Vorbemerkungen
Wie schön war die Welt doch, als es von Nikon noch keine FX-Kameras gab. Randabfall war, besonders bei den für das Kleinbild-Format gerechneten Objektiven, nie ein Thema. Als dann die D3 auch Nikon-Nutzer wieder in den Genuss der Zonen am Rand des Bildkreises brachte, wollte ich zuerst den verstörenden Berichten von Lloyd Chambers und Bjørn Rørslett keinen Glauben schenken. Als mir dann allerdings das Objektiv die ersten Bilder ruiniert hat, begab ich mich auf die Suche nach einer Alternative - die mich dann vorübergehend zum AF-S 70-300mm aus dem gleichem Hause geführt hatte. Immerhin war der gruselige Randabfall bei 200mm hier nicht gegeben. Leider bietet das Objektiv keine durchgängige Lichtstärke von 1:2,8 - und so wartete ich seit seiner Ankündigung gespannt auf das neue vermeintliche Über-Zoom.
Um mal kurz ins Gedächtnis zu rufen, dass es sich bei den Mängeln des alten Zooms nicht nur um Vignettierung, sondern auch um heftigen, blendenunabhängigen Schärfeabfall in den Bildecken handelt, ein kleines Beispiel:
altes
70-200@200mm, f9,
Bereits bei der 900 Pixel breiten
sieht man die Unschärfen am Rand deutlich, ein Ausdruck im Format DIN A4 ist kaum vertretbar.
altes
70-200@200mm, f9, 100%-100%-Crop der linken oberen Bildecke
Doch nicht nur in Sachen Randschärfe gab es Probleme. Auch die oft auftretenden Vignettierungen wurden immer wieder kritisiert, wobei diese durch die Korrekturfunktionen in Capture NX doch zumindest abgemildert werden.
Noch ein kurzer Hinweis: Alle verlinkten Bildbeispiele wurden mit Capture NX aus den NEF-Dateien entwickelt und weder in Capture noch in Photoshop bearbeitet oder nachgeschärft. Fotografiert wurde mit SVA und Kabelauslöser vom Stativ aus. Fokussiert habe ich auf die Fenster des großen grauen Hauses nahe der Bildmitte.
Die Randschärfe, vor allem bei 200mm?
Vorneweg: Ich kann leider keinen direkten Vergleich der alten und der neuen Version ziehen, da ich das alte 70-200er schon vor Monaten verkauft habe. Immerhin hab ich auf meiner Festplatte noch ein paar Bildbeispiele gefunden, die ausreichen sollten um den Unterschied (so vorhanden) zu dokumentieren.
Was mich natürlich zunächst brennend interessierte: Wie siehts mit dem neuen Objektiv bei 200mm aus? Das war dann auch die erste Einstellung, mit der ichs ausprobiert habe.
Zuerst nochmal das Testmotiv zu einen anderen Jahreszeit mit der alten Version:
altes
70-200@200mm,
f8
, 100%-Crop der Ecke links oben
Nun das neue Objektiv, mit der gleichen Kamera. Leider war das Wetter heute eher trist, deshalb hat das Bild eine andere Anmutung. Darum geht es aber hier nicht.
neues
70-200@200mm, f8, 100%-Crop der Ecke links oben
Meine erste Reaktion: WOW! Das sieht ja schon mal schon ganz anders aus! Sehr cool.
Dann gleich mal ne Blendereihe nachgeschoben:
neues
70-200@200mm,
f2,8
, 100%-Crop der Ecke links oben
Kein Wunder: die Bildecke bei Blende 2,8 ist sichtbar weicher als bei Blende 8. Was aber erstaunt ist die Tatsache, dass das neue Objektiv in der Bildecke bei Blende 2,8 deutlich schärfer zeichnet als das Alte bei Blende 8.
In der Bildmitte zeichnet die neue Version auch bei Blende 2,8 bereits absolut tadellos, die Steigerung bis Blende 8 in der Mitte ist marginal. Nun aber wieder zu den Ecken:
neues
70-200@200mm,
f11
, 100%-Crop der Ecke links oben
Hier gibt es das Bild in
Auflösung.
In dieser Reihe ist schön zu sehen wie sich die Abbildungsqualität bis zu Blende 5,5 bzw. 8 steigert bis sie dann bei Blende 11 stagniert bzw. schon einen kleinen Rückschritt erlebt, der vermutlich einsetzenden Beugungsunschärfen geschuldet ist.
Mein erstes Zwischenfazit ist fraglos sehr positiv aus.
Aber wie sieht es bei den anderen Brennweiten aus?
Stellvertretend für diese nun je zwei Blendeneinstellungen bei
70
und bei
135 mm
:
neues
70-200@200mm,
f2,8
, 100%-Crop der Ecke rechts unten
Auch hier ist die 2,8er Ecke etwas weich.
neues
70-200@70mm,
f8
, 100%-Crop der Ecke rechts unten
Hier gibt es das Bild in
Auflösung.
Der Unterschied zwischen Blende 2,8 und 8 ist bei 70mm auch in der Bildmitte sichtbar - aber für das Bild völlig unproblematisch.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei 135mm:
neues
70-200@135mm,
f8
, 100%-Crop der Ecke links unten
Hier gibt es das Bild in
Auflösung.
Subjektiv ist bei 135mm der Unterschied zwischen Blende 2,8 und 8 am stärksten, sowohl am Rand als auch in der Bildmitte.
Alles in allem keine Sensationen, das Objektiv zeigt nach den ersten Betrachtungen auch bei den kürzeren Brennweiten eine tadellose Leistung. Für interessierte hier noch die anderen Blendenstufen zum Download:
70-200@70mm,
f4
, in
Auflösung.
70-200@70mm,
f5,6
, in
Auflösung.
70-200@70mm,
f11
, in
Auflösung.
70-200@135mm,
f4
, in
Auflösung.
70-200@135mm,
f5,6
, in
Auflösung.
70-200@135mm,
f11
, in
Auflösung.
Die Vignettierung?
Das nächste Thema wären dann die Vignettierung. Ich habe sie nicht vor einer weißen Wand getestet, sondern gegen einen monoton blaugrauen Himmel. Hier die Beispiele (die automatische Vignettierungskorrektur wurde hier in Capture NX
abgeschaltet
):
neues
70-200@200mm,
f2,8
Mauszeiger über dem Bild:
Vignettierungskorrektur an
neues
70-200@200mm,
f5,6
Mauszeiger über dem Bild:
Vignettierungskorrektur an
Letztendlich ist die Vignettierung bei gerade Blende 2,8 nach wie vor ausgeprägt vorhanden. Allerdings leisten Capture NX sowie die kamerainterene Korrektur sehr gute Dienste beim Eliminieren dieses meist unerwünschten Effekts.
Das Bokeh?
Dieser Punk kann kaum weniger subjektiv geprägt sein - hier entscheidet unter dem Strich immer der persönliche Geschmack - ich möchte mir nicht anmaßen, das Bokeh einer Linse objektiv beurteilen zu können.
Deshalb stelle hier einfach ein paar Beispiele ein, damit Ihr Euch selbst Euer Urteil bilden könnt.
neues
70-200@200mm,
f2,8
, scharf
neues
70-200@200mm,
f2,8
, unscharf gestellt
neues
70-200@200mm,
f4
, unscharf gestellt
neues
70-200@200mm,
f5,6
, unscharf gestellt
Ich persönlich finde die Zeichnung der Unschärfe sehr weich, sehr angenehm, ohne unangenehme Zacken. Mal sehen wie es sich in der Praxis bewährt - vom ersten Eindruck her wird hier für mich nicht viel zu Wünschen bleiben.
Der Nahbereich?
Eine ebenfalls immer wieder geäusserte Kritik an der alten Version betraf den Nahbereich. Da ich diesen an der Linse sehr wenig genutzt hatte kann ich dazu kein Urteil beisteuern. Ich habe allerdings auch eine kleine Reihe von Bildern von einer Schuppenwand direkt an der Naheinstellgrenze gemacht.
neues
70-200@200mm,
f2,8
,
Nahbereich
neues
70-200@200mm,
f2,8
,
Nahbereich
,
100%-Crop der Bildmitte
Blende:
Und nun ein Ausschnitt aus der Bildecke. Dabei muss ich zu bedenken geben, dass die Bilder nicht auf einem Reprostativ, sondern vor einer Schuppenwand auf einem normalen Stativ gemacht wurden. Daher kann es durchaus möglich sein, dass der auftretende Randabfall zum Teil dem Umstand geschuldet ist, dass Sensor und Wand nicht absolut parallel stehen.
neues
70-200@200mm,
f2,8
,
Nahbereich
,
100%-Crop der Ecke rechts oben
Blende:
Ich persönlich finde die Leistung hier, sobald um 1 oder 2 Stufen abgeblendet wird, sehr ordentlich.
Auch hier für Interessierte noch die Bilder aus dem Nahbereich zum runterladen:
70-200@200mm,
f2,8
, in
Auflösung.
70-200@200mm,
f4
, in
Auflösung.
70-200@200mm,
f5,6
, in
Auflösung.
70-200@200mm,
f5,6
, in
Auflösung.
70-200@200mm,
f11
, in
Auflösung.
Und sonst?
- Die mechanische Verarbeitung ist "state of the art"
- Die Knöpfe für die Schärfespeicherung wurden ersatzlos gestrichen
- Der AF-S spricht sehr gut an und ist leise wie eh und jeh
- Das Objektiv wurde kürzer, dafür eher etwas dicker
- Die tief eingekerbte Gegenlichtblende scheint etwas kürzer geworden zu sein
- Der Zoom-Ring läuft deutlich leichter und definierter als bei der alten Variante
- Die Stativschelle scheint eine größere Auflagefläche bekommen zu haben
- Die Stativfuß-Befestigung bleibt die gleiche
- Auszug aus der Bedienungsanleitung: "Wenn die Kamera auf einem Stativ montiert ist stellen Sie den Bildstabilisator-Schalter ON/OFF auf OFF. Wenn Sie jedoch die Kamera auf einem unverriegeltem Stativkopf oder einem Einbeinstativ (Monopod) befestigen, sollte der Schalter auf ON gestellt werden."
Fazit
Es soll ja nach wie vor Leute geben, die nicht verstanden haben dass der Hauptkritikpunkt am alten AF-S 70-200 mm 1:2,8G nicht die Vignettierung, sondern der krasse blendenunabhängige Schärfeabfall (bei Brennweiten > 170mm) zum Rand hin ist. Dieses Problem wurde im Gegensatz zu manchen Besitzen des Objektivs von Nikon-Mitarbeitern nicht geleugnet - ist aber mit dem Erscheinen des neuen Tele-Zooms nun endlich Geschichte. Dieser Faktor allein rechtfertig in meinen Augen das Upgrade für jeden, der an FX-Kameras auf eine gleichmäßige Schärfe bis in die Bildecken zählen möchte. Das werden wohl vor allem Landschaftsfotografen sein. Wer Events und Personen fotografiert und die Ecken sowieso oft außerhalb der Schärfezone hat muss sich entscheiden, ob die anderweitigen Vorzüge die Upgradekosten aufwiegen.
Unabhängig vom Vorgänger handelt es sich um ein Objektiv, bei dem ich keinen Schwachpunkt finden konnte. Die optische Leistung ist ohne Zweifel auf dem Level guter Festbrennweiten, und das quer durch den gesamten Zoombereich. Ich denke, wir werden Freunde. ;-)
TODO: heute scheint die Sonne - ich werde dann wohl noch ausprobieren, wie sich das Objektiv im Gegenlicht so schlägt...
Update am 01.12.2009:
Verhalten im Gegenlicht
Das alte Zoom steht in dem Ruf, dass es im Gegenlicht zu starker Schleierbildung neigte. Ich musste dieses Verhalten mehrfach bei Aufnahmen berücksichtigen, die ansonsten nicht zu gebrauchen gewesen wären.
Leider fehlt mir heute die Möglichkeit zu einem direkten Vergleich. Ich meine aber, dass auch in dieser Disziplin das neue Objektiv - auch wenn es aufgrund seiner mehr als 20 Linsen sicher für derartige Bildfehler prädestiniert ist - sichtbar bessere Ergebnisse bringt.
neues
70-200@200mm,
f10
, hier in
und in
Auflösung.
So etwas bringt man mit dem neuen Objektiv dann auch hin, wenn die Sonne knapp außerhalb des Bildfelds steht. Das sieht aber dramatischer aus als es ist und muss wohl in Anbetracht der Gesamtleistung des Objektivs als Stand der Technik bei einem derartigen Viellinser angesehen werden.
Unter dem Strich möchte ich meinen, dass sich die Situation gegenüber der alten Version gebessert hat. Die neue Nanokristall-Vergütung tut offensichtlich Ihre Pflicht.
Beipielbild(er)
Mit den Standardeinstellungen ohne Veränderung aus Capture NX erzeugt.